Eure Erfahrungen & Beschwerden

Viele der Teilnehmer*innen wünschen sich, dass die Uni zu einem Ort wird, an dem sie sich sicher und wohlfühlen können. Viele haben sich für die Möglichkeit bedankt, über diese Umfrage ihre Erfahrungen teilen und sichtbar machen zu können und erhoffen sich dadurch Veränderungen.

Die Erfahrungsberichte, die uns erreicht haben, fassen wir hier zusammen. Wir geben keine spezifischen Details wieder, um die Anonymität zu wahren und negative Konsequenzen für die Personen, die ihre Erfahrungen geteilt haben, auszuschließen. Aus rechtlichen Gründen können wir die Namen konkreter Personen, von deren diskriminierendem Verhalten uns berichtet wurde, hier nicht nennen, werden sie aber an die Universitätsleitung weiterleiten. Außerdem möchten wir dadurch auch vermeiden, dass die Personen, die das Verhalten gemeldet haben, identifiziert werden könnten. 

Mehrere der Teilnehmer*innen haben in ihren Umfrageantworten darum gebeten, deren Inhalt nicht zu explizit wiederzugeben oder haben geschrieben, aus Angst vor Konsequenzen oder sogar Exmatrikulation keine genauen Angaben machen zu wollen. Betroffene wissen also bereits aus Erfahrung, dass eine Kritik oder Meldung von Diskriminierung nicht nur keine Unterstützung bringt, sondern mitunter sogar negative Folgen für sie selbst haben kann.

Wie auch in der statistischen Auswertung der Umfrage zu erkennen ist, haben Angehörige verschiedener Statusgruppen an der Universität Diskriminierung erfahren und auch die Diskriminierung ging von Angehörigen verschiedener Statusgruppen aus. Die ausführlicheren Antworten kamen jedoch hauptsächlich von Studierenden, die von Diskriminierung durch Lehrpersonal (Professor*innen und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen) berichten, weshalb die Zusammenfassung auch diese Dynamik abbildet.

In vielen Fällen wurde von Lehrpersonen berichtet, die ihre Machtposition nutzen, um Kritik an rassistischen, sexistischen, queer- und transfeindlichen Aussagen zu untergraben: Sie üben über die Bewertung Druck auf die Studierenden aus, Kritik zu unterlassen oder sich sogar ihren Ansichten anzupassen, um keinen Nachteil im Studium zu bekommen. Viele der Erfahrungsberichte zeigen, dass Beschwerden nicht zu Konsequenzen führen, wodurch diese Lehrpersonen in ihrem Verhalten bestärkt und geschützt werden. Mitunter ist es bei Kritik sogar zu Schuldumkehr gekommen. 

BIPoC und ausländische Studierende werden von Lehrpersonen offen beleidigt, ausgegrenzt oder z.B. aufgrund ihrer Aussprache und Ausdrucksweise schikaniert. Im Gegensatz zu weißen (deutschen) Kommiliton*innen werden sie häufig nach ihrer Herkunft gefragt, mitunter sogar im Kontext von Prüfungssituationen. Viele berichten auch von schlechterer Bewertung im Studium oder von Benachteiligung bei Bewerbungsverfahren (z.B. für Praktika, Auslandssemester und Stipendien) gegenüber weißen/deutschen Studierenden bei gleicher oder besserer Qualifikation. 

Auch Schlussfolgerungen zum sozialen Hintergrund von Studierenden fließen in die Bewertung ein und führen zu Benachteiligung in Prüfungs- oder Bewerbungssituationen.

„Beschwerden führen nicht zu Konsequenzen“

Selbst bei der Vergabe von Stipendien und Wohnheimplätzen werden oft Akademiker*innenkinder bevorzugt, die nicht darauf angewiesen wären, wodurch diese für Arbeiter*innenkinder schwerer zugänglich werden. 

Mehrere Studentinnen berichten davon, dass in Prüfungssituationen fragwürdige genderspezifische Bewertungskriterien auf sie angewandt wurden und sie deswegen schlechter benotet wurden, z.B. aufgrund einer zurückhaltenden Kommunikationsweise. Mitunter wurde weiblichen Studierenden von vornherein eine wissenschaftliche Karriere abgesprochen.

Für muslimische Studierende gibt es keinen gesonderten Gebetsraum an der TU mehr (im Gegensatz zu anderen Universitäten und öffentlichen Institutionen), weshalb sie in Fluren, Ecken oder unter den Treppen beten müssen. Dies beschreiben mehrere als herabwürdigend. Darüber hinaus riskieren sie beleidigt, belästigt und am Gebet behindert zu werden. Das Fehlen eines geeigneten Raums bedingt auch, dass sie z.B. für Gebetswaschungen die Universität verlassen und eine Moschee aufsuchen müssen, wofür die Zeit zwischen zwei Lehrveranstaltungen kaum ausreicht. So haben sie keine Gelegenheit, eine Pause zum Essen o.ä. zu machen und verpassen häufig Vorlesungszeit. Muslimischen Studierenden wird so das Studieren erschwert und zudem vermittelt, dass ihre muslimische Identität an der Universität nicht respektiert wird, geschweige denn erwünscht ist.

Die TU-Gebäude, darunter die großen Mensen und mehrere Cafeterias, sind sowohl für Personen mit körperlichen Behinderungen als auch mit (unsichtbaren) chronischen Erkrankungen nur sehr schwer zugänglich, da sie nur über Treppen oder einen besonderen Aufzug erreichbar sind. Beratungsstellen konnten teilweise keine Unterstützung anbieten.

Sogar in einigen Online-Veranstaltungen wurden Personen, die die Kamera nicht anmachen wollten, vom Geschehen ausgeschlossen und nicht berücksichtigt, was legitime Gründe dafür sein könnten.

Einige Cis-Männer haben bemängelt, dass sie sich an der Uni dadurch diskriminiert und ausgeschlossen fühlen, dass es Angebote spezifisch für FLINTA* gibt, wie z.B. das Energieseminar, das diese Umfrage durchführt. 

An dieser Stelle möchten wir deshalb erklären, warum solche Angebote wichtig sind: Diskriminierung besteht immer im Kontext von Machtstrukturen und gesellschaftlicher Ungleichheit. In einer patriarchalen Gesellschaft, die FLINTA*-Personen zum Vorteil von Cis-Männern systematisch benachteiligt und unterdrückt, können Cis-Männer also nicht aufgrund des Cis-Mann-Seins diskriminiert werden. Dass es notwendig ist, exklusive safer spaces einzufordern, zeugt genau von diesen Machtstrukturen, die bedingen, dass in jeglichen gesellschaftlichen Räumen die Perspektiven und Anliegen von Cis-Männern zentriert werden. Durch ihre priviligierte Position haben sie auch im Falle unangenehmer Erfahrungen oder Probleme besseren Zugang zu Unterstützung. 

Auch an der TU gibt es zahlreiche Möglichkeiten für Cis-Männer, sich in die Hochschulpolitik einzubringen und sich über ihre Erfahrungen auszutauschen. Die wenigen Angebote, die für Betroffene spezifischer Diskriminierungsformen existieren, sollen allerdings deren Belangen Raum geben, da er ihnen in der Regel sonst nicht gewährt wird. Sie stellen damit Räume der Selbstermächtigung dar. Diese Angebote schränken die Ausdrucksmöglichkeiten und Privilegien von Cis-Männern in keiner Weise ein.

Gleiches gilt für andere safer spaces, z.B. für BIPoC und TIN-Personen! 

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